Tabakgeschichte(n)
Seit rund 3500 Jahren genießen Menschen den Rauch der Tabakpflanze. So alt ist eine Pfeife, die in der Amazonasmündung entdeckt wurde. Aus der neuen Welt stammt natürlich auch die Tabakpflanze selbst. Und wir wollen auch nicht verschweigen, dass es auch in Europa und Asien bereits in vorchristlicher Zeit Raucher gegeben hat. Allerdings konsumierten sie nicht Tabak, sondern Kräuter, getrockneten Ochsen-Dung, Opium oder Marihuana. Aus heutiger Sicht also entweder ziemlich eklig oder streng verboten. Von Genuss keine Spur...
Als Christoph Kolumbus vor mehr als 500 Jahren Amerika entdeckte, war das Kauen, Schnupfen und Rauchen von Tabak dagegen schon längst auf dem gesamten Kontinent verbreitet. Das „Trinken des Tabaks“ war Genuss – und noch mehr! Bei einigen Indianerstämmen diente es der Meditation und dem Gebet. Bei anderen fungierte es quasi als Unterschrift unter einem Vertrag. Wer kennt nicht die berühmte „Friedenspfeife“...? Und auch die Zigarre, damals noch ein einfach zusammengerolltes Bündel von Tabakblättern, war bereits erfunden.
Welchen enormen Stellenwert das Rauchen bei den Azteken hatte, beweisen die Sitten und Gebräuche um ihre Menschenopfer. Junge Männer, die für dieses grausame Ritual ausgewählt wurden, durften vorher ein Jahr im puren Luxus leben. Mit allen Sinnenfreuden, wobei das Rauchen ausdrücklich zu den wichtigsten Privilegien gehörte.
Für die weißen Eroberer war Tabak dagegen anfangs überhaupt kein Thema. Kolumbus warf die ersten Tabakblätter achtlos weg, die ihm von Eingeborenen als Willkommensgeschenk überreicht wurden. Doch neugierig, wie der Mensch nun mal ist, probierten einige Konquistadoren das Rauchen dann doch aus und fanden dann doch Gefallen daran.
Als dieses „heidnische Laster“ dann aus den neuen Kolonien nach Europa schwappte, war das der Obrigkeit und ganz besonders der Kirche erst einmal sehr suspekt. Überliefert ist der Fall von Rodrigo de Jerez: Er hatte das Rauchen in Südamerika kennen gelernt. Und als er sich in Alicante öffentlich ein Pfeifchen anzündete, sperrte ihn die spanische Inquisition sofort für zehn Jahre ins Gefängnis. Rauch aus Mund und Nase – das musste der Teufel höchstpersönlich sein!
Doch auch gegen den Widerstand der Kirche –der Tabak blieb. Nicht zuletzt, weil die Regierenden schnell erkannt hatten, dass sich mit einer Steuer Mitgebrachte Samen verbreiteten die Pflanze innerhalb von knapp 100 Jahren über Europa, Asien und Afrika.
Für diese rasche Entwicklung sorgten nicht nur die Raucher, sondern ganz besonders Mediziner, die dem Tabak Wunderheilkräfte zuschrieben. Das ist zwar in den meisten Fällen auch ziemlicher Blödsinn, aber doch viel besser als Menschen zu opfern oder einzusperren. Wir erreichen also langsam zivilisiertere Zeiten.
Es waren die Engländer, die schließlich das Rauchen auch bei uns endgültig kultivierten. Es begann im 18. und 19. Jahrhundert eine Phase des Experimentierens. War es zunächst ausschließlich der Tabak-Genuss in der Pfeife sowie das im 18. Jahrhundert im Adel sehr populäre Schnupfen, verbreitete sich nämlich nun auch die Zigarre in Europa. Und von dort aus war es dann nur noch ein kurzer Weg zur Zigarette: In mexikanischen Zigarrenmanufakturen wurden die Produktionsreste in Papier eingewickelt und so gewinnbringend verwertet. Schnell verbreitete sich dieses neue Produkt über Spanien nach Frankreich, wo es auch seinen Namen bekam.
In der feinen Gesellschaften war das Rauchen nun "hip", Zigarre, Pfeife und Zigarette galten als Statussymbol der Reichen. Und bald verbreitete sich der Genuss von Tabak auch un den unteren Gesellschaftsschichten. Weltweit gabe es Anfang der 20. Jahrhunderts 20.000 Zigarettenhersteller, bevor in der Industrie ein Konzentrationsprozess einsetzte. Und auch die Zigarrenmanufakturen gingen in die Tausende.
Die Pfeife, die zwischenzeitlich wegen des zeitraubenden Stopfens aus der Mode geraten war, entwickelte sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Markenzeichen von Künstlern und Intellektuellen (man denke nur an Sherlock Holmes), die Zigarre blieb ein Symbol für die Reichen und Erfolgreichen, die Zigarette verbreitete sich über alle Schichten. Kauen und Schnupfen blieben ein Genuss vor allem für Individualisten oder setzten sich vor allem regional durch (z.B. der "Schmalzler" in Bayern).